Geschichte


Die meisten Einbürgerungen erfolgten nach dem ersten Weltkrieg über Gatterhaltung. Lieferanten der Besatzstücke waren vor allem Carl Hagenbeck und Mohr/Ulm. Zum Teil war das Wild schon andernorts länger in Parks gehalten worden, zum Teil frisch importiert. Die wirkliche Herkunft aus ursprünglicher freier Wildbahn Ostasiens ist in kaum einem Fall belegbar.

Während wahrscheinlich ein Teil der Gatterhaltung aus rein kulinarischen Gesichtspunkten erfolgte - Sika-Wildbret ist "Spitze"! -, dienten neben reinen Schaugattern einige wohl auch als Eingewöhnungsgatter. Die oft recht großen Gatter wurden zwischen den Kriegen teilweise aufgelassen, teils konnten einige Tiere aus zerstörten oder verfallenen Gattern entweichen oder wurden entlassen, vor allem nach dem zweiten Weltkrieg, als die Rechtslage noch unsicher war.
 
Das Sikawild überstand in fast allen Fällen nicht nur die Umsiedlung in unser Klima ausgezeichnet, sondern entwickelte sich auch gut in freier Wildbahn und vermehrte sich durchweg rasch. Infolge weitgehender Isolation der einzelnen Bestandsbegründungen basieren diese durchweg jeweils auf einer geringen Zahl von Tieren. Welche genetischen Folgen dieses hatte, hat und möglicherweise einmal haben wird, bleibt ein weites Feld für die Wissenschaft.

Sicher ist, dass die deutschen Sikabestände unterschiedlicher Herkunft und weitgehend unterschiedlichen "Blutes" sind. Während in einigen Beständen (Höxter, Soest, auch Waldshut) die Beimischung von Dybowski-Typen deutlich ist, treten andere Bestände phänotypisch einheitlicher auf. Offensichtlich jedoch wurden genetische Differenzen bei Beginn der Besiedlung der jeweiligen heutigen Einstände auch oftmals durch Erscheinungen des Luxurierens überlagert. Dies ist ein Begriff aus der Vererbungslehre und bedeutet eine stärkere Ausprägung mancher Eigenschaften - z. B. Körpergröße, Geweihentwicklung - als im Durchschnitt bei den Elterntieren vorhanden. Nach wenigen Generationen jedoch pflegt sich die entstehende Population zu homogenisieren und nur noch gelegentlich einzelne Rückschläge hervorzubringen.

In wenigen Jahrzehnten hat sich auch der Bestand in Schleswig-Holstein von seinem ersten, differenzierten, zum Teil skurrilen Typ "weiterentwickelt" zu einer, man möchte fast sagen "standortgemäßen" Form, die sich spürbar dem europäischen Rotwild nähert. Das beinweiße, stumpfendig-kurze, endenreich-knuffige Geweih sowie das rauhe, braune, schmale, hohe Geweih sind heute seltener anzutreffen, dafür aber das gut geformte, geperlte, dunkle, für unseren Geschmack "schöne" Geweih, oft mit Kronen.